Weingarten bekommt Online-Marktplatz
Für ihr Pilotprojekt erhält die Stadt den Höchst-Förderbetrag von 200 000 Euro vom Land.
Weingarten – In insgesamt sieben kleinen und mittleren Städten in Baden-Württemberg werden in nächster Zeit mithilfe von Fördermitteln des Landes Online-Plattformen für den örtlichen Handel, das Gewerbe, für Dienstleister und kulturelle Institutionen eingerichtet. Eine davon ist Weingarten. Die Stadt hat mit ihrem Konzept den höchsten Förderbetrag von 200 000 Euro zugesprochen bekommen. Am Donnerstag wurde es im Rahmen eines Pressegesprächs vorgestellt.
Auf dieser Plattform werden sich nach Auskunft von Oberbürgermeister Markus Ewald voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2019 insgesamt 24 Unternehmen und Institutionen präsentieren, ihre Waren und Dienstleistungen darstellen, aber auch über Veranstaltungen informieren. Verknüpft ist das alles mit einem lokalen Lieferservice. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz will mit diesem auf zwei Jahre ausgelegten Pilotprojekt den örtlichen Handel, Dienstleister und Handwerker gegenüber der immer größer werdenden Konkurrenz durch nationale und internationale Online-Riesen stärken, aber auch die Verbraucher vor unseriösen oder gar kriminellen Anbietern schützen.
„Sportliche Herausforderung“
„Die Teilnahme an diesem Projekt war schon eine sportliche Herausforderung“, berichtete Marcus Schmid, Geschäftsführer der Stadtmarketing GmbH und Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung bei der Stadt Weingarten: „Innerhalb von vier Wochen mussten wir ein Konzept erarbeiten und mindestens 20 Teilnehmer dafür gewinnen.“ Mit der Locamo GmbH & Co. KG wurde außerdem ein örtlicher Partner gefunden, der die erforderliche Software bereitstellt und über einschlägige Erfahrung beim Online-Marketing kleiner Einzelhändler verfügt. „Wir investieren selbst mehrere 10 000 Euro in dieses Projekt, weil wir überzeugt sind, dass eine solche Konzeption große Chancen für viele Kommunen überall im ländlichen Raum bietet“, sagt Locamo-Geschäftsführer Markus Kapler.
Viele kleine Einzelhändler, Dienstleister und Handwerker vertreiben ihre Waren und Angebote bereits übers Internet, sind dort aber für die Kunden oft schwer auffindbar, weil sie auf den Suchmaschinen häufig sehr weit unten erscheinen. Die Vernetzung über eine kommunale Plattform verhilft ihnen zu einer besseren Platzierung, weil sie auch über die städtische Webseite verlinkt sind. Das Internet versetzt einen Händler auch in die Lage, seinen Kunden ausgefallene Waren anzubieten, die er selbst nicht vorrätig hat, weil sie selten nachgefragt werden.
Einen lokalen Partner hat die Stadt außerdem beim Lieferservice gefunden: Die Integrierten Werkstätten Oberschwaben (IWO). Sie unterhalten bereits den Lieferdienst „IWO bringt’s zu Dir“. „Im Rahmen des Projekts soll ein Service getestet werden, bei dem bestellte Waren eingesammelt, verpackt und dann direkt versendet werden“, berichtet Carolin Schattmann, stellvertretende Pressesprecherin und Referentin für bürgerschaftliches Engagement. So könnten auch Menschen mit Behinderung zum Gelingen des Gesamtprojekts beitragen. Weil die Nahversorger unterschiedlich strukturiert und digital aufgestellt sind, können sich die Teilnehmer individuell angepasst in dieses Projekt einbringen. Doch das Interesse sei sehr groß, versicherte Adolf Mayer-Rosa, Einzelhändler und seit Jahrzehnten sehr aktiv in einschlägigen Gremien. „Weingarten war schon immer sehr innovativ in Sachen Stadtmarketing. Das zeigt sich auch hier wieder.“ Der nächste Schritt ist die Ausschreibung einer 50-Prozent-Stelle für einen „Kümmerer“ (der selbstverständlich auch eine Frau sein kann).
Diese Person wird Ansprechpartner(in) für die Nahversorger sein, sich in regelmäßigen Netzwerktreffen mit den Vertretern der anderen Modellkommunen austauschen und an der wissenschaftlichen Auswertung des Projekts mitarbeiten. In den nächsten Wochen soll es außerdem eine öffentliche Informationsveranstaltung geben. „Unser Ziel ist es, die Sache so zügig voranzutreiben, dass wir noch im ersten Halbjahr 2019 in der Praxis loslegen können“, erklärte OB Ewald.
Wie das Konzept des Online-Marktplatzes aussieht und warum Weingartener Händler mitmachen, ist zu sehen in einem Video unter www.schwaebische.de/online-marktplatz
Text: Anton Wassermann